RCW Lions mit grosser Dramatik zum Titel!

RCW Lions – RS Freiamt 17:16 (4:12), Best-of-three: 2:0

Das Husarenstück ist vollbracht: Ohne ihre beiden Top-Ringer Scherrer und Reichmuth gewinnen die Willisauer Lions den 16. Meistertitel in der Vereinsgeschichte. In einem äusserst emotionalen Kampf war die Disqualifikation des Freiämters Ayskhanov schliesslich wegweisend. Wiederum kippte das Momentum erst in den letzten Kämpfen.

Die RCW Lions gewinnen zum 16.Mal den Schweizermeistertitel in Abwesenheit von Sämi Scherrer und Stifi Reichmuth (Foto Falko Werner).

1’700 Zuschauer waren an diesem Abend Zeuge eines Finalkampfes, der nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Es schien für die Willisauer ein Ding der Unmöglichkeit, nach einer verpatzten ersten Hälfte den Titel noch an diesem Abend ins Trockene zu bringen. Einmal mehr kam es ganz anders, als man dachte. Neben der hervorragenden Stimmung mit wunderschönen Choreografien ging es äusserst hektisch zu und her, beide Fan-Lager überbordeten emotional. Erstmal seit langem flogen Gegenstände auf die Matte. Zum Teil gab es sehr unsportliche Szenen beider Fanlager, natürlich mit dem Negativ-Höhepunkt des äusserst unsportlichen Verhaltens von Magomed Ayskhanov, der zu Recht disqualifiziert wurde. Der zweite Kampf bot einfach alles und war an Spannung, Dramatik und Emotionen kaum zu überbieten. Schliesslich sorgte erneut das Trio Bossert/Portmann und Mavlaev für den Unterschied.

Aussichtsloser Rückstand zur Pause

Bereits sinnbildlich für den ganzen Abend war der erste Kampf zwischen Timon Zeder und Nils Leutert. Die beiden zeigten schon viele sehr knappe Duelle, so auch an diesem Abend. Zeder ging in Führung, Leutert glich aus, am Ende probierten die Lions mit einer Video-Challenge, den Sieg noch zu holen, es blieb beim knappen Sieg für Leutert. Beide Athleten gingen ans Limit und hatten mehrere blutende Wunden. Bis 130 kg, Freistil, sprang Delian Alishahi aufgrund der bekannten Personalsituation im Schwergewicht in seiner ungewohnten Stilart an. Er kontrollierte Roman Zurfluh hervorragend und gewann sicher mit 2:0 Mannschaftspunkten. Auch dort wäre vielleicht ein 3:0-Sieg möglich gewesen. Eine hervorragende und konzentrierte Leistung zeigte Lukas Bossert bis 61 kg, Freistil, gegen den starken Nino Leutert. Er holte spät in der zweiten Halbzeit den umjubelten Punktgewinn, die 1:3-Niederlage fühlte sich wie ein Sieg an für die Lions. Bis 97 kg, Greco, war Daniel Häfliger gegen Kaderringer Christian Zemp erneut chancenlos. Mit zahlreichen Durchdrehern und Aushebern war die technische Überlegenheit schnell Tatsache. Ein grosser Dämpfer für die Lions erfolgte im letzten Kampf vor der Pause. Dort traf Roger Heiniger auf Michael Bucher. Heiniger konnte das Duell in der Qualifikation noch für sich entscheiden, an diesem Abend war Bucher allerdings zu stark und abgeklärt. Er liess dem Menznauer keinen Spielraum und Heiniger bekam auch die Bodenlage nicht, wo er mit seinem Ausheber so stark ist. Die 0:3-Niederlage, sie schmerzte. Die Lions lagen zur Pause klar mit 4:12 zurück, es schien aussichtslos, obwohl man im Lager der Lions wusste, dass noch vier Duelle gewonnen werden können.

Ayshkhanov rastet aus – ebnet den Lions den Weg zum Titel

Nach einer tollen Pausenshow der Stage Divers aus Roggliswil kam es bis 86 kg, Freistil, zu einem denkwürdigen Kampf. Reto Reichmuth sprang für seinen Cousin Stefan Reichmuth ein und hatte eine fast unlösbare Aufgabe vor sich. Der Russe Magomed Ayskhanov ging wie gewohnt schnell in Führung, dies mit schönen Beinangriffen. Beim Stand von 14:0 für den Wahl-Freiämter schien es, als wäre der Kampf gelaufen. Doch dann versuchte der Russe eine unerlaubte Technik am Boden, was bei den Willisauern Fans zu einem grossen Pfeifkonzert führte. Ayshkhanov fühlte sich dermassen provoziert, dass er den Willisauer Fans den Mittelfinger zeigte, dann folgten unschöne und unentschuldbare Aktionen der Willisauer Fans. Es flogen Bierflaschen, beide Lager mussten die Gemüter wieder beruhigen. Aufgrund der groben Unsportlichkeit Ayskhanovs wurde der Russe vom Kampfgericht zu Recht disqualifiziert. Wichtige Randnotiz: Ayskhanovs Aktion passiert noch vor dem Wurf der ersten Bierflasche. Die RCW Lions tolerieren solche Szenen auf keine Weise, zwar ist man stolz auf die eigenen Fans, solche Aktionen haben allerdings nichts mehr mit Sport zu tun! Auch unentschuldbar ist die Aktion des Russen, er hatte seine Nerven dermassen nicht mehr im Griff. Ayshkhanov verletzte diese Saison Stefan Reichmuth, Samuel Scherrer und Dominik Bossert mit Aktionen am Rande oder auch jenseits der Legalität. Irgendwo sicherlich ausgeglichene Gerechtigkeit aus Sicht der Willisauer, auch wenn Magomed Ayshkhanov ringerisch ein tolles Niveau hat. Die Willisauer waren also, völlig überraschend, zurück im Titelrennen, es stand 8:12. Ein weiterer Rückschlag folgte dann bis 70 kg, Freistil. Tobias Portmann dominierte zwar das Geschehen gegen Randy Vock über weite Strecken, musste allerdings bei einer Unaufmerksamkeit seinem Gegner zwei Punkte zugestehen. Vock verteidigte die knappe Führung routiniert und gekonnt, besiegte somit zum ersten Mal Tobias Portmann und wurde zurecht als bester Ringer des Abends gekürt. Nun war von Jonas Bossert ein Sieg gefordert, dies gegen den unbequemen Marc Weber. Bossert legte all seine Routine in die Waagschale: Mit einem wunderschönen Hüftangriff ging der 31-jährige vorentscheidend in Führung. Auch am Boden punktete Bossert, am Ende siegte er mit 8:2, somit 3:1 Mannschaftspunkte für die Grafenstädter. Die Lions rückten auf 12:15 heran, es zeichnet sich ein weiterer dramatischer Ausgang ab. Bis 75 kg, Greco, trafen wie letzte Woche Michael Portmann und Pascal Strebel aufeinander. Erneut zeigte Portmann eine schlicht sensationelle Leistung, er liess dem 33-jährigen kaum Spielraum, punktete mit einem schönen Ausheber und gewann schliesslich verdient mit 4:1. Vor dem letzten und allesentscheidenden Kampf stand es 14:16 für die RS Freiamt. Die Willisauer hatten aber noch Mansur Mavlaev als grosser Trumpf. Der erst 19-jährige agierte gegen Joel Meier in den Stilen eines Routiniers. Mit wunderschönen seitlichen Beinangriffen holte er Punkt um Punkt, es wurde nie brenzlig. Mavlaev, ein Willisauer Eigengewächs mit russischen Wurzeln, spielte die Zeit souverän hinunter und gewann mit 3:0. Zum ersten Mal lagen die Lions an diesem Abend in Führung – und holen somit den Titel! Die Willisauer sprangen auf die Matte, wieder flogen Bierdosen, der 16. Meistertitel ist Tatsache. Ein denkwürdiger Ringerabend ging zu Ende. Wer hätte das gedacht?!

Gergely Gyurits und Philipp Rohrer: Ein tolles Trainerduo, welches sich mit dem Titel den Lohn einer tollen Saison verdient (Foto JB).

Grosser Jubel trotz fadem Beigeschmack

Auf den Seiten der Willisauer lag man sich natürlich in den Armen, jubelte ausgelassen mit den Fans. «Es ist ein spezielles Gefühl, ganz anders als in den vergangenen Jahren. Einerseits ist die Freude riesig, allerding haben die Aktion von Magomed und den Fans schon einen faden Beigeschmack», gab Michael Portmann zu. «Ich bin sehr stolz auf unsere Mannschaft, wir haben trotz zahlreichen Rückschlägen den Glauben nie verloren und bis zum Schluss gekämpft», freute sich der 21-jährige. Zusammen mit Mansur Mavlaev ist er einer der grossen Aufsteiger dieser Saison. Die beiden haben sich von grossen Talenten zu Spitzenringer entwickelt. Auch die beiden Trainer Gergely Gyurits und Philipp Rohrer zeigten sich stolz, im Wissen, das es ohne diese unsportliche Aktion nach der Pause an diesem Abend (noch) nicht gereicht hätte. In Zukunft müssen auf beiden Seiten solche Aktionen vermieden werden, die Fans beider Lager wirkten sehr aggressiv. Dies soll die schöne und gesunde Rivalität dieser beiden tollen Mannschaften nicht gefährden. Die RCW Lions gratulieren der RS Freiamt herzlich zur Silbermedaille, es wird noch zahlreiche weitere Top-Duell dieser beiden Mannschaften geben in Zukunft. Alles in allem war es am Ende ein grosses Ringerfest vor einer fantastischen Kulisse, die Lions feierten mit ihren Fans den Titel bis in die Morgenstunden.

Besiegte den Olympioniken Strebel äusserst abgeklärt: Michael Portmann ist zusammen mit Mansur Mavlaev der Ringer der Saison aus Willisauer Sicht (Foto JB).

RCW Lions – RS Freiamt 17:16 (4:12)
SR Zimmermann, 1’700 Zuschauer – BBZ

GewichtRC Willisau LionsRS Freiamt
57GZeder TimonLeutert Nils1:2PS1:2
61FBossert LukasLeutert Nino2:9PS1:3
65GHeiniger RogerBucher Michael0:6PS0:3
70FPortmann TobiasVock Randy2:4PS1:2
75GPortmann MichaelStrebel Pascal4:1PS2:1
75FMavlaev MansurMeier Joel10:0PS3:0
80GBossert JonasWeber Marc8:2PS3:1
86FReichmuth RetoAyskhanov Magomed0:14DQ4:0
97GHäfliger DanielZemp Christian0:16TU0:4
130FAlishahi DelianZurfluh Roman4:0PS2:0

Schreibe einen Kommentar